Häuptlinge kämpfen um Herrschaft am Strand

31.12.2013 ·

Spieleautor Stefan Kiehl stellt „Moeraki-Kemu“ beim Treff des „Spiel Verein(t) Osterhofen“ vor

Osterhofen. Wenn zwei Maori-Häuptlinge um die Herrschaft am Strand der Kugelfelsen kämpfen, hat ein Niederbayer seine Finger im Spiel. „Moeraki-Kemu“ heißt das spannende Taktikspiel für zwei Personen, das Spieleautor Stefan Kiehl vor zwei Jahren in Eigenregie auf den Markt gebracht hat. „Andere kaufen sich für das Geld ein Auto“, bilanzierte Kiehl seine Investition, mit der er sich einen Traum verwirklicht hat. Auf einer Messe haben Angie Pfligl und Karsten Wirler vom „Spiel Verein(t) Osterhofen“ den 43-jährigen Kelheimer kennengelernt und ihn zum Spieletreff am Freitag ins Kolpinghaus eingeladen.

Wie bringt man eine Spielidee zur Serienreife? Viele Spielefreunde treibt diese Frage um. Den 32 Gästen des Spieletreffs hat Stefan Kiehl in einem lebendigen Vortrag eine anschauliche Antwort geliefert. „Moeraki-Kemu“-Partien dauern zwischen drei und 30 Minuten. Ebenso ist die Spielregel bewusst kurz und einfach gehalten.

Wesentlich länger war der Weg bis zum Spielbrett aus Birkenholz und Spielsteinen aus Glas, Jade und Keramik. Am Anfang war „Moeraki-Kemu“ nur eine Skizze auf Karo-Papier. Das war im Jahr 1997. Die Spieler malten besetzte Felder einfach aus. So markierten sie eroberte Quadrate und Linien. „Pen and Paper“ sei das quasi gewesen, scherzte Kiehl. Aus Marmor fertigte ein befreundeter Steinmetz einen ersten Prototypen an.

Eines Tages erblickte Kiehl im Urlaub die kugelförmigen Moeraki-Felsen an der Koekohe Beach auf der Südinsel Neuseelands. So entstanden Name und Rahmenhandlung. „Kemu“ bedeutet Spiel in der Sprache der Maori. Über zehn Jahre passierte nicht viel in der Entwicklung des Spiels, das einmal als „Moeraki-Kemu“ verkauft werden sollte.

Im Jahr 2009 ging Kiehls Neffe an die Fachoberschule für Gestaltung in Straubing und war auf der Suche nach einem Projekt. Schnell überzeugte Buchner seinen Onkel, das Konzept aus der Schublade zu holen. Nun machte sich das Duo daran, die Spielidee zu verwirklichen. Eine Fundgrube nützlichen Wissens war dabei der „Leitfaden für Spieleerfinder“.

Bei Spieleautorentreffen knüpfte Kiehl Kontakte zu Verlagen und Redakteuren. Deren Rückmeldungen fielen durchwegs positiv aus. Für ein hochwertig aufgemachtes Zwei-Personen-Spiel sahen die Verlage jedoch kaum Chancen auf dem Markt, der hauptsächlich nach Familienspielen verlangt. So entschloss sich Kiehl, es auf eigene Faust zu versuchen und gründete den Kiehly-Verlag. Nun ging es für den Spieleautor richtig los, der im Hauptberuf als Beamter bei einem Abwasserzweckverband beschäftigt ist. Im TAC-Verlag fand Kiehl einen Vertriebspartner, der auch eine Schreinerei aus dem Erzgebirge für das Spielbrett vermittelte. Ein Detail macht deutlich, dass das Design nicht willkürlich entschieden wurde. Jeder Spieler hat 28 Spielkugeln, die in einer mit blauem Filz ausgekleideten Tasche liegen. Die Häuptlinge kämpfen am Strand, das am blauen Meer liegt.

Gar nicht so einfach war es, einfarbige Glaskugeln aufzutreiben. Schwarze und weiße Schusser waren gerade nicht in Mode. Eine Firma aus Hamburg war bereit, die Kugeln aus Mexiko zu besorgen. Die zentrale „Moeraki“-Kugel aus Jade kommt aus China. Die Zählsteine sind aus versteinertem Totholz aus Brasilien. In der Nähe von Kelheim liegt das Dorf Teugn. Dort fand Kiehl eine Töpferin, die in Handarbeit die Kriegerfiguren anfertigt. Jedes Stück ist ein Unikat. Zusätzlich hat Kiehl einige dieser „Tane“ genannten Spielsteine Kiehl mit seinen Initialen signiert, als er die Töpferin besuchte.

Anfangs habe er noch versucht, an der Donau passende Kieselsteine zu finden, erzählt Kiehl. Angesichts der angestrebten Startauflage von 1000 Exemplaren gab er dieses Unterfangen schnell wieder auf. Als dann alle Teile beisammen waren, wartete die nächste Mammutaufgabe: 56 000 Spielkugeln mussten auf 2000 Säckchen verteilt werden. Im Sommer 2011 ging es nach Jettingen zur Firma „Ludo Fact“, die sich auf Kartonagen für Spiele spezialisiert hat. „Mittendrin in der Sendung mit der Maus“, beschrieb Kiehl seinen Besuch in der Fabrik.

Auf der internationalen Spielmesse in Essen im Herbst 2011 präsentierte Kiehl dann das fertige „Moeraki-Kemu“. Die Spieler rissen Kiehl die Startauflage förmlich aus den Händen. Im Winter waren nur noch 300 Exemplare übrig. Bald trafen sieben Paletten mit der zweiten Auflage in Kelheim ein. Im Moment plant Kiehl die dritte Auflage von „Moeraki-Kemu“. Bislang hat er rund 1700 Exemplare zum Preis von je 60 Euro verkauft.

In Sachen Spiele erfinden hat Stefan Kiehl Blut geleckt: Das Sammelspiel „Shabono“ für drei bis fünf Urwaldindianer befindet sich derzeit in der Testphase. Wie schon der Erstling kam auch „Shabono“ sehr gut bei den Osterhofener Spielern an. – mik

Artikel aus Osterhofener Zeitung vom 31.12.2013